„Chévere“ ist das erste Wort, das ich in Kolumbien neu gelernt habe. Es passt im Endeffekt auf alles, was irgendwie positive Emotionen hervorruft. Baranquilla tut mittlerweile genau das. Ein erster Beitrag aus der Hauptstadt der Karibik.
Es ist stockfinster, der Bus ruckelt über die unebene Straße und nur die vorbeiziehenden LKW – Kolonnen dienen als Lichtquelle. Der Kolumbianer der vor mir sitzt, hat es sich anscheinend zur Aufgabe gemacht, die ganze Nacht wiederholt und unvermittelt die Position seines Sitzes zu verstellen. Meine Knie sind mittlerweile blau und hinter mir spielt jemand „Super Mario Bros“ auf seinem Smartphone, in voller Lautstärke. Busreise deluxe also. Als ich in Bogota in den Bus der Firma „Expreso Brasilia“ eingestiegen bin, hatte es draußen angenehme 25 Grad, hier im Bus bei dröhnender Klimaanlage friere ich in langer Hose und Pulli.
Der Bus bewegt sich immer Richtung Norden, auf recht gut ausgebauten Straßen geht es von 2650hm bis ans Meer. Kurz vor Baranquilla ist zum ersten Mal der Atlantik zu sehen. Davor drängen sich kleine Beton – Wellblechhütten an den Straßenrand, Menschen fahren auf klapprigen Motorrädern und Straßenhunde schnüffeln nach Essbarem. Weiter draußen sind Holzbuden auf schiefen Pfosten zu sehen. Es ist ein interessantes Bild, allerdings nicht das ideal von weißem Strand, Palmen und klarem Meer, das man sich sonst unter der Karibik vorstellt.
Die Hauptstadt der Karibik
Baranquilla ist eine dieser Planstädte, die für mich bis jetzt immer den Charme eines versmoggten Ruhrpott Vororts bei knapp 40 Grad versprüht haben, doch irgendwie mag ich es hier trotzdem. Zwar ist der Verkehr der reine Wahnsinn, es ist heiß und was sich hier Park schimpft ist eigentlich nur eine kleine Grünfläche zwischen lärmenden Straßenzügen, doch die offene und sympathische Art der Menschen macht Einiges wett. Die Hauptstadt der Karibik ist in viele kleinere Viertel aufgeteilt. Ich konnte mir bis jetzt allerdings nicht einmal merken, wie das heißt, in dem ich wohne. Nur meine Adresse kann ich mittlerweile auswendig, nachdem ich sie unzähligen Taxifahrern diktieren musste.
Nur zwei Stadtteile im Norden sind mir wirklich ein Begriff. Buenavista und Miramar liegen nicht weit von der Uninorte und die meisten Austauschstudenten sind in diesen Luxusvierteln untergekommen. Viel Glaß und Beton, topmoderne Einkaufszentren und Apartment – Wolkenkratzer prägen das Bild der Gegend. Zwischen drin immer wieder kleine grüne Oasen mit öffentlichen Fuß – oder Volleyballplätzen, die jeden Abend gut besucht sind. Ich wohne etwas weiter Richtung Süden, auch in einem sicheren Viertel, das aber auf den „Schickimicki“ – Anspruch der anderen verzichtet. Nicht weit von meiner Wohnung liegt das Zentrum der Stadt. Hier drängen sich kleine Imbisse und Buden aneinander und sie alle versuchen lautstark, ihre Waren an den Mann zu bringen. In den Rundbögen der „Iglesia de San Nicolás“, der wichtigsten Kirchen in Baranquilla, schlafen abgemagerte Obdachlose. Davon weiter in den Süden vorzustoßen hat man uns abgeraten, kurz nachdem uns wiederholt versichert wurde: „Baranquilla ist eine sichere Stadt.“
Tanzend vor dem Riot – Van
Baranquilla ist auf der ganzen Welt für seinen „Carnaval“ bekannt. Schon in Bogota wurde ich gewarnt: „Es una locura“, meinte James immer wieder und er sollte recht behalten. Am Samstag feierte die Stadt zum ersten Mal dieses Jahr „Precarnaval.“ Den ganzen Abend belagerte die Menschenmenge den „Parque Washington“, tanzend zu Musik aus verschiedenen Kofferraum – Soundanlagen. Auch wir stürzten uns ins Getümmel und irgendwann fand ich mich selbst ausgelassen Salsa (oder so ähnlich) tanzend vor der Kühlerhaube eines Polizei Lasters wieder, aus dem gerade eine in Plastik gepanzerte Gruppe der „Policia Nacional“ ausgestiegen war. Eine sehr skurrile Situation, die ich einfach genießen musste. Mal sehen, was der Carnaval noch so zu bieten hat, eigentlich geht es ja erst in zwei Wochen wirklich los.
Strand, Meer und Club Colombiana
An den Strand brauche ich von meiner Wohnung eine knappe Stunde im Bus – länger zu den Hauptverkehrszeiten. Doch die Fahrt lohnt sich, denn hier kommt wirklich Karibikfeeling auf. Vom Castillo de San Antonio de Salgar hat man einen unschlagbaren Ausblick die Küste entlang. Von einer Klippe aus schaut man auf die Sonne, die sich im Atlantik spiegelt. Einzige Gefahr: Sonnebrand, vor allem für schneeweiße Europäer. Wer noch ein bisschen weiter Richtung Porto Colombia fährt, kommt an einen richtigen Badestrand. Der Strand beim Hotel Prado kostet zwar 5000 Pesos, also etwas unter zwei Euronen, ist dafür aber super sauber und es stehen Liegestühle und Sonnenschirme bereit. Hier unter Palmen eine kühle Club Colombiana (das beste kolumbianische Bier) zu schlürfen und sich hin und wieder im überraschend erfrischenden Meer abzukühlen ist einfach unübertroffen.
Mehr zum Studium in Baranquilla im nächsten Eintrag.