Der Parque Nacional Natural de Los Nevados ist einer der größten Nationalparks Kolumbien. Hier zu trecken war ein Traum von mir, seit ich in Kolumbien angekommen bin. Ein Bericht von Matsch, Wolken, Nebel, Regen und davon, an seine Grenzen zu gehen.
Mit einem lauten, schmatzenden Sound ziehe ich meinen Schuh aus dem Schlamm. Kein anderer der Gruppe ist mehr zu sehen und ich verfluche mich gerade dafür, die Stecken, die uns Paramo – Treck in Salento angeboten hat, nicht mitgenommen zu haben. Füße und Arme gespreizt, um an den Seiten des Weges wenigstens ein bisschen Halt zu finden, arbeite ich mich Zentimeter für Zentimeter vor. Immer wieder rutsche ich ab und meine Schuhe landen platschend im Matsch. Mittlerweile sind sie gefühlt mehrere Kilo schwerer.

Es ist der erste Tag unseres Trecks mit Guide Jose. Nachdem wir mit dem einem der tollen Vintage – Willi – Jeeps von Salento bis ins „Valle de Cocora“ gefahren sind, geht es auch schon los. Der Anfang ist recht entspannt, bis wir in den Nebelwald eintauchen. Nachdem wir einige Male den Fluss auf eher wackeligen Hängebrücken überquert haben, beginnt die Rutschpartie. Wahrscheinlich wäre dieser Teil des Weges ohne Schlamm um einiges weniger anstrengend gewesen, aber zusätzlich zum feuchten Klima, wühlen Maultiere und Pferde den Schlamm weiter auf. Besser wird es erst, als wir in den Paramo de Romerales laufen. Ich kenne die typische Landschaft des Paramo: Aus saftigen, grünen Wiesen ragen die Frailejones wie verkrüppelte Palmen auf und überall schlängeln sich kleine Bäche den Berg hinunter.
Jetzt sind wir auch wirklich im „Parque Nacional Natural Los Nevados“ angekommen. Der Park beginnt bei 2600m über dem Meeresspiegel und der höchste Gipfel, der Nevado de Ruiz, ist 5321m hoch. Über 58.000 Hektar faszinierende Bergwelt und drei verschneite Gipfel stehen hier unter Naturschutz. Einer der Vulkane in der Kette ist sogar noch aktiv. Immer wieder steigt aus dem Ruiz Rauch auf und Guide Jose zeigt uns einige Bilder, wir bekommen während der ganzen Zeit leider keine Gipfel zu sehen. Nur hin und wieder schient der Gletscher des „Nevado de Tolima“ zwischen den Wolken hervor.
Nach knapp 18km und 1400m Aufstieg erreichen wir endlich unsere Herberge, die Finca Primavera auf 3800m. Von hier aus geht es am nächsten Tag weiter Richtung „Paramillo del Quinido“, einer der höchsten Gipfel im Nationalpark. Auch die Etappe des zweiten Tages beginnt eher entspannt. Noch immer ist alles um uns herum grün und felsige Steilwände sieht man nur in der Ferne, vorausgesetzt natürlich die Wolken geben den Blick frei. Langsam aber stetig arbeiten wir uns in ein Tal vor, immer mit der Aussicht auf unseren letzten Aufstieg. Leider beliebt der Gipfel während des ganzen Tages in den Wolken verborgen und auch der nahe gelegene „Nevado de Tolima“ zeigt sich nicht.
Gegen Mittag erreichen wir eine Ebene, auf der sich einige Lagunen mit sogenannten „Colchones de Agua“ befinden. Grüne Pflanzen bilden hier Inseln, die fast wie Felsen wirken und auf denen man prima laufen kann. Wir testen wie tief das Wasser zwischen den Colchones ist: Ein Wanderstecken verschwindet fast komplett, bevor er auf Widerstand stößt. Vor uns ragt den Paramillo auf und die sandigen Flanken leuchten gelblich, obwohl uns das Wetter so gut wie keinen Sonnenstrahl schenkt. Nach Mittag beginnt es zu regnen und der Wind peitscht uns die Schauer ins Gesicht, während wir uns die letzten Meter bis auf den

Kamm des Paramillo hoch quälen. Die Höhe von über 4700m ist hier deutlich zu spüren, das Atmen fällt schwer und der Kopf fühlt sich leichter an, als er unter diesen Bedingungen sollte. Aussicht haben wir leider keine, denn die neblige Suppe hüllt uns komplett ein. Nachdem wir unseren Sieg ein paar kurze Minuten genossen und das obligatorische Foto geschossen haben, geht es auch schon wieder abwärts.
Einige Anmerkungen zum Trip: Im Nationalpark trekken kann man immer noch ohne Guide, auch wenn offizielle Stellen etwas Anderes sagen. Seit Anfang des Jahres versucht der kolumbianische Staat den Zugang zu regulieren, allerdings gibt es noch keine Kontrollen oder Posten, wenn man von Salento durch das „Valle de Cocora“ aufsteigt. Kartenmaterial und ein GPS sind von Vorteil, denn die Sicht kann schnell sehr schlecht werden, was die Orientierung deutlich erschwert. Deshalb ist es auch nicht ratsam, ohne Führer nach der Finca Primavera weiter zu gehen. Unser Guide Jose, der vor allem für Paramo Trek in Salento unterwegs ist, kennt sich im ganzen Nationalpark aus. Schon als Teenager war er hier unterwegs und hat verlorenen Kühe in den Tälern des Quindio und Tolima aufgespürt. Mit ihm zu trekken ist absolut empfehlenswert.
An unserem letzten Tag im Nationalpark steigen wir von der Finca Primavera wieder nach Cocora ab. Leider haben wir immer noch keine Sicht, da die Wolken sich nicht verzogen haben und gegen Mittag fängt es auch wieder zu regnen an. 20km ist die Etappe am letzten Tag lang, aber zum Glück geht es fast ausschließlich abwärts und Jose hat zusätzlich noch eine kleine Überraschung für uns. An einer Stelle, wo die Sicht normalerweise sehr gut ist, packt er eine kleine Vesper aus, inklusive kolumbianischer Kaffeemarmelade und Wein.
Trotz fehlender Sicht und schlechten Wetters hat sich der Treck also wirklich gelohnt. Der Spaß ist mit knapp zwar 170€ nicht ganz billig, aber immerhin gab es Snacktüten, von denen ich noch immer zehre. Irgendwann will ich wiederkommen und mit Jose auf den Gletscher des Tolima kletter. Dann hoffentlich mit mehr Sicht und weniger Regen.
Must have im PNN Los Nevados:
- Eine Stirnlampe, die Finca Primavera versorgt sich über Solarzellen, die natürlich bei Nacht nicht besonders gut funktionieren.
- Klopapier, denn wie so oft in Südamerika gibt es auf den Toiletten keines.
- Trockene Kleidung für jeden Tag. Nichts fühlt sich besser an, als nach einem verregneten Treck in trockene, warme Klamotten zu schlüpfen, also lieber nicht zu leicht packen.
- Regenjacke, Regenhose, Regenschutz für den Rucksack, denn im Nationalpark kommt der Regen nicht nur von Oben, manchmal scheint er von überall gleichzeitig zu kommen.
- Einen (Hütten)schlafsack, denn weder die Wolldecken, noch die klammen Betten in der Primavera wirken besonders einladend.