Tiefschwarz abgewiesen

Um ehrlich zu sein, verstehe ich mittlerweile, was es heißt “Wutbürger” zu sein. Obwohl, mittlerweile ist Wut vielleicht der falsche Ausdruck, Resignation trifft es um einiges deutlicher. Flüchtlingskrise auf der untersten Ebene: Zwei Schicksale aus Diedorf.

Vor einigen Monaten startete ich in Zusammenarbeit mit der katholischen Pfarrgemeinde in Diedorf eine Petition für zwei Flüchtlinge aus dem Sengal. Oumar und Modou, zwei junge Männer, die auf lebensgefährlichen Routen bis nach Deutschland gekommen waren, hatten nur einige Wochen zuvor ihre Arbeitserlaubnis verloren. Der Senegal war als sicheres Rückkehrland eingestuft worden.  Das Auswärtige Amt warnt allerdings Reisende in der gesamten Sahelzone vor “terroristischen Aktivitäten” und rät dringend davon ab, die “Grenzgebiete zu Mauretanien und Mali” zu bereisen. “Sicher” liegt also offensichtlich im Auge das Betrachters.

Im Grunde ist es irrelevant, ob der Senegal sicher ist oder nicht. Die beiden Männer in den Mittzwanzigern werden ihre ganz persönlichen Gründe gehabt haben zu fliehen. Sicher ist: Nur Wenige verlassen ihre Heimat freiwillig, wenn sie dort nicht vor dem absoluten Nichts, verfolgt oder bedrohr werden. Besonders schmerzlich war der Verlust der Arbeitserlaubnis, da die beiden gerade Stellen in der Marktgemeinde Diedorf in Aussicht hatten. Modou finanzierte aus eigener Tasche eine Ausbildung zum Altenpfleger, ein Beruf, der in Deutschland absolut unterbezahlt und gleichzeitig unglaublich wichtig ist. Auch Oumar war schon im Bauhof der Marktgemeinde involviert. Erst arbeitete er freiwillig dort und erwies sich als fleißiger Kollege, später schuf die Marktgemeinde sogar eine offizielle Stelle für ihn. Beide standen also kurz davor als wertvolle Mitglieder der Gemeinde in Diedorf Fuß zu fassen.

Doch so weit sollte es nicht mehr kommen. Mittlerweile wurde die Petition eingereicht, diskutiert und abgelehnt. Sowohl Bgm. Högg und Pfarrer Fischer warben noch einmal für politische Zustimmung, doch sie scheiterten. Unterstützt wurden sie dabei von Mitglieder der SPD und der Grünen im zuständigen Petitionsausschuss, doch die Mehrheit bestehend aus CSU und Freien Wählern schmetterte das Anliegen der Diedorfer ab. Es sollten keine “Ausnahmen” gemacht werden, um nicht andere zu motivieren, es ebenfalls zu versuchen. Die beiden hätten ja die Chance, nach der Abschiebung mit einem Visum wieder einzureisen. Nicht nur diese fadenscheinigen Argumente und der Unwillen, auf Einzelschicksale einzugehen wecken den “Wutbürger” in jedem humanistisch denkenden Menschen, sie machen gleichzeitig klar, dass die Abschiebung der beiden Senegalesen mehr oder weniger Pech sein wird. Stellt man sich vor Oumar und Modou hätten in Berlin oder Hamburg die selben Fürsprecher gehabt, wie hier im tiefschwarzen Bayern, hätte das Ergebnis ganz anders ausgesehen.

Mit den Ängsten, die einen Großteil der Bürgerinnen und Bürger in dieser Republik gerade plagen, ist nicht zu spaßen. Zwar sind sie von so vielen Blickwinkeln aus betrachtet unbegründet (Hier nur ein Beispiel), doch die falschen Gruppierungen befeuern und missbrauchen sie auf hochgefährliche Weise. Die Leidtragenden sind Menschen wie Oumar und Modou. Die beiden jungen Männer stehen jetzt vor dem absoluten Nichts, fürchten sich vor der Abschiebung und vor dem, was sie in ihrem Herkunftland erwartet.

Ich wünsche den beiden nur das Beste. Ich habe sie leider nur kurz kennen gelernt, aber ich hoffe, dass sie ihre offene, fröhliche Art und vor allem die Hoffnung nicht verlieren, egal was sie hier in Deutschland erlebt haben. In diese Sinne: Ich bin Sauer.

Dezember 2015: Zum Glück muss ich mich an dieser Stelle korrigieren. Mittlerweile ist klar: Modou und Oumar werden ihre Arbeitserlaubnis zum Ende des Jahres hin verlieren. Allerdings hat das nur bedingt Auswirkungen auf die Asyl – Verfahren der Beiden. Bis zur Abschiebung ist es also glücklicherweise noch ein langer Weg. Pfarrer Fischer meint allerdings: „Es fällt nur auf, dass immer mehr Menschen aus dem Senegal einen Termin zur Anhörung in München bekommen und danach wird über das Asyl entschieden.“ Sicher ist also noch nichts, allerdings besteht Hoffnung.

Apropos zum Thema „Sichere“ Herkunftsländer!